Neue Forschungsmethoden lüften das Geheimnis des Tridentinosaurus antiquus

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16. Februar

Ein Artikel in der Fachzeitschrift Palaeontology wirft ein neues Licht auf das 280 Millionen Jahre alte versteinerte Reptil Tridentinosaurus antiquus, das als dunkler, echsenartiger Umriss auf der Oberfläche eines Gesteins erhalten geblieben ist.

Die Ergebnisse der Analysen eines Forscherteams des Naturmuseums Südtirol, des MUSE Trient und der Universitäten Padua und Cork zeigen, dass es sich bei dem kohlenstoffhaltigen Umriss an der Oberfläche um eine Farbschicht handelt, die vor circa 100 Jahren aufgetragen wurde.

 

 

Das kleine Reptil Tridentinosaurus, das 1931 in der Nähe von Stramaiolo auf der Hochebene von Pinè im Trentino entdeckt wurde und heute im Museo della Natura e dell’Uomo der Universität von Padua aufbewahrt wird, verdankt seine Berühmtheit seinem besonderen Aussehen. Dieses gilt als Beweis für das seltene Phänomen einer außergewöhnlichen Erhaltung von Weichteilen, insbesondere der Haut. Da jedoch bislang ähnliche Fossilien fehlen, sind zuletzt Zweifel an der Identität des Reptils und an der Art seiner Fossilerhaltung aufgekommen.

 

 

Detaillierte Analysen und unerwartete Entdeckungen

 

Ein internationales Team hat sich im Rahmen des von der Autonomen Provinz Bozen finanzierten Forschungsprojekts „Leben mit dem Supervulkan“ auf die Suche nach den kleinsten Details des Fundes gemacht, um die Geheimnisse des kleinen Reptils zu lüften.

 

„Außergewöhnlich gut erhaltene Fossilien sind selten, aber sie können die Geheimnisse der Färbung, der inneren Anatomie und der Physiologie von ausgestorbenen Tieren enthüllen und so einen tiefen Einblick in die Organismen der Vergangenheit geben“, betont die Leiterin der Studie und Paläontologin an der Universität Cork, Valentina Rossi, „Wenn wir mit Hilfe moderner Techniken die verborgenen Geheimnisse der Fossilien lüften, so stoßen wir auf wirkliche Überraschungen.“

 

 

Licht und Schatten bei Tridentinosaurus

 

Mit Hilfe leistungsstarker Mikroskope und fortschrittlicher chemischer und diffrattometrischen Analysen, einschließlich Röntgenanalysen und Infrarotspektroskopie, gab das Fossil des Tridentinosaurus antiquuus seine Geheimnisse preis: Vermutlich wurde das gesamte Exemplar kurz nach seiner Entdeckung mit einem lackartigen Überzug versehen. „Das Überziehen von Fossilien mit Lacken ist eine alte Konservierungsmethode, denn früher gab es keine anderen geeigneten Methoden, um die Fossilien vor dem natürlichen Zerfall zu schützen“, erklärt Mariagabriella Fornasiero, Kuratorin für Paläontologie am Museo della Natura e dell’Uomo von Padua und Mitautorin der Studie. Das Team habe jedoch gehofft, dass die Haut unter der Oberflächenschicht noch in gutem Zustand war, um sie erforschen zu können.

 

 

Fossil enthält keine Spuren biologischer Strukturen

Die Analyse mehrerer Mikroproben des Fossils brachte jedoch eine neue Wahrheit ans Licht: Die kohlenstoffhaltige Hülle enthält keine Spuren biologischer Strukturen. Die chemische Zusammensetzung der schwarzen Schicht auf der Oberfläche entspricht der eines handelsüblichen Pigments namens „Tierkohle“, das früher durch das Verbrennen von Tierknochen hergestellt wurde. „Unsere Analysen lösten das Rätsel. Was als verkohlte Haut beschrieben worden war, entpuppte sich als Farbschicht“, so Rossi.

„Die seltsame Erhaltung des Tridentinosaurus hat die Paläontologinnen und Paläontologen jahrzehntelang vor ein nahezu unlösbares Rätsel gestellt“, weiß Evelyn Kustatscher, Kuratorin für Paläontologie am Naturmuseum Südtirol und Koordinatorin des Forschungsprojekts. „Jetzt wissen wir, warum! Wir haben immer gedacht, dass die Haut des Tieres erhalten worden war. Dem ist aber nicht so: Der Tridentinosaurus antiguus ist laut diesen neuesten Erkenntnissen nicht die älteste Mumie der Welt“.

 

 

Auf der Suche nach der wahren Identität

 

Die Analysen bestätigen jedoch den Wert des Fossils für die Rekonstruktion der Ökosysteme aus der Permzeit (vor etwa 280 Millionen Jahren). Die Knochen der hinteren Extremitäten, insbesondere die Oberschenkelknochen, sind echt, wenn auch in einem schlechten Zustand, ebenso wie einige Osteoderme, krokodilschuppenähnliche Strukturen. Diese werden nun von Fachleuten untersucht, um die wahre Identität von Tridentinosaurus zu bestimmen. Massimo Bernardi, Direktor für den Bereich Forschung und Sammlungen des MUSE und Mitautor der Studie, zieht folgendes Fazit: „Museen stellen unser Kulturerbe nicht nur aus, sondern sie spielen eine wichtige Aufgabe in ihrer Erforschung. Diese Publikation zeigt klar auf, dass dank neuer Forschungsmethoden neue Forschungsergebnisse erzielt werden können – und dass Forschung ein steter Prozess ist“, betont Bernardi. „Forschung ist in einem ständigen Wandel und genau das macht sie so spannend.“

 

Für Fabrizio Nestola, Dozent an der Fakultät für Geowissenschaften der Universität Padua und wissenschaftlicher Leiter des Museums für Natur und Mensch, welches das Fossil beherbergt, „ist es von grundlegender Bedeutung, dass die Forschung mithilfe neuer Methoden auch bereits untersuchte Funde nochmals genauer unter die Lupe nimmt. Der Tridentinosaurus ist ein Beispiel dafür, wie die Wissenschaft alte Geheimnisse lüften kann – und wie sich daraus wieder neue Fragen ergeben können. Aufgabe unseres Museums wird es dann sein, die neu gewonnen Erkenntnisse aufzuarbeiten und an die Öffentlichkeit zu bringen, um eine wissenschaftliche und kulturelle Debatte zu führen.“

 

 

Die Publikation ist hier zu finden: https://doi.org/10.1111/pala.12690

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