Wie stark verzerrt die Fossilerhaltung unser Verständnis über die Dynamiken des größten Massenaussterbens der Erdgeschichte? Die Dolomiten geben Auskunft.
Von 2016 bis 2019 führt das Naturmuseum Südtirol in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck und dem MUSE in Trient ein interdisziplinäres Forschungsprojekt rund um die Perm-Trias-Grenze in den Dolomiten und im Drauzug durch. An dieser Grenze (vor etwa 252 Millionen Jahren) ereignete sich das größte Massenaussterben der Erdgeschichte, bei dem schätzungsweise 80-95% der marinen Tierarten ausstarben. Ein Hauptaugenmerk des aktuellen Projekts liegt auf der bisher noch wenig dokumentierten Flora und Fauna auf dem Festland zu dieser Zeit und auf möglichen Verfälschungen des Fossilberichts durch die verschiedenen Prozesse, die zur Einbettung und Fossilisation der damaligen Pflanzen und Tiere führten.
Im Rahmen des Projekts werden bekannte und neue Aufschlüsse in den Dolomiten (Südalpen) und im Drauzug (Ostalpen) von Experten in Paläobotanik, Palynologie, Vertebraten- und Invertebraten-Paläontologie, Ichnologie, Sedimentologie, und Organischer und Anorganischer Geochemie untersucht. Die Aufschlüsse in den Dolomiten liegen in Südtirol (z.B. in der Bletterbach-Schlucht, in Pufels, am Seceda und am Peitler Kofel), im Trentino (z.B. in Tesero und am Passo San Pellegrino), und in Belluno (Valfreda und Auronzo di Cadore). Die Aufschlüsse im Drauzug liegen in Osttirol (Mensalwald) und Kärnten (z.B. bei Laas und am Dobratsch).
Die verschiedenen Lokalitäten repräsentieren unterschiedliche Ablagerungsbedingungen (marin bis terrestrisch) in einem zusammenhängenden Becken zur Zeit des Übergangs vom Perm zur Trias. Ein großflächiger Vergleich erlaubt daher Rückschlüsse auf die Art und Weise, in welcher die jeweiligen lokalen Bedingungen Einfluss auf die Erhaltung der Fossilien und die scheinbaren Aussterberaten hatten und ermöglicht idealerweise eine genauere Rekonstruktion der damaligen Ökosysteme.